Wirtschaftswachstum im Zeichen des Klimawandels

Wie wird sowas überhaupt berechnet? Anhand historischer Daten werden bestimmte Klimavariablen (meistens Temperatur) mit dem Wirtschaftswachstum (meistens BIP) verglichen. Dann werden Klimamodelle genutzt, um die künftige Entwicklung des BIP unter verschiedenen Kohlendioxid-Emissionsszenarien zu projizieren.

Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur während der letzten 2000 Jahre.

aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Klimakatastrophe

Das Ganze ist also nicht kompliziert und hat durchaus seinen Reiz. Denn der dominierende Faktor für ökonomische Prognosen ist die Temperatur. Trotz alledem ist diese Rechnung zu einfach. Denn auch wenn die Temperatur der wichtigste Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung ist, so dürfen Niederschlagsvariabilität und Wetterextreme nicht vernachlässigt werden. Kombiniert erhöhen sich die erwarteten weltweiten Verluste erheblich.

Schwere Verluste …

Werden diese neuen Indikatoren (Niederschlagsvariabilität und Wetterextreme) in die Bewertung einbezogen, erhöhen sich die erwarteten globalen Verluste im Vergleich zu einer ausschließlichen Berücksichtigung des durchschnittlichen Temperaturanstiegs erheblich. Zwei Gruppen von Forscher haben dazu Studien veröffentlicht: In einer Welt, die um 3°C wärmer ist als das vorindustrielle Niveau (auf diesem Weg befinden wir uns gerade!), schätzen Kotz et al. den Anstieg der Verluste auf 50 Prozent[1], Waidelich et al. auf 22 Prozent.[2] Im Vergleich zu einer Welt ohne fortgesetzten Klimawandel wird die Menschheit zwischen 2030 und 2040 um 10 Prozent ärmer sein. Nach Waidelich et al. drohen 54 Prozent der Weltbevölkerung ein Verlust von 15 Prozent des BIP. Werden Wetterextreme hinzugerechnet, sind es 68 Prozent der Weltbevölkerung.

… und trotzdem zu optimistisch

Beide Gruppen von Forscher*innen stützen sich auf konservative Annahmen über die Stabilität sozioökonomischer Systeme. Darüber hinaus umfassen die ermittelten monetären Verluste keine nicht-marktbezogenen Schäden, zB für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit. Und sie berücksichtigen auch keine anderen Faktoren, wie den Anstieg des Meeresspiegels[3] oder Wetterextreme im Allgemeinen[4][5][6]. Und da sprechen wir noch gar nicht von Kipppunkten, wenn der Amazonasregenwald verschwindet, wenn die Eisschilde kollabieren, wenn der Permafrost große Mengen Methan freisetzt. Wie das eine moderne globale Wirtschaft (egal welcher Art!) überleben soll, wie das eine technologische Zivilisation überleben will, das muss mir mal wer erklären …

Wir werden unweigerlich schwere Verluste erleiden – selbst dann, wenn wir alle Klimaziele einhalten. Das ist aber nichts im Vergleich zu dem, wenn wir die 2°C-Grenze durchbrechen. Jede Milliarde, die wir heute in Klimaschutz investieren, wird einen zigfachen Verlust in der Zukunft verhindern. Allerdings gehen 77 Prozent der Klimaforscher des Weltklimarates von einer Erwärmung um mindestens 2,5°C aus und 50 Prozent rechnen mit einer Erwärmung von mindestens 3°C.[7]

Quellen:
[1] https://www.nature.com/articles/s41586-024-07219-0
[2] https://www.nature.com/articles/s41558-024-01990-8
[3] https://www.aeaweb.org/articles?id=10.1257/mac.20180366
[4] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.add3726
[5] https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2203595119
[6] https://www.nature.com/articles/s41586-021-04283-8
[7] https://www.theguardian.com/environment/ng-interactive/2024/may/08/hopeless-and-broken-why-the-worlds-top-climate-scientists-are-in-despair

2 Kommentare

    • Hermann Spaderna auf 1. Juli 2024 bei 0:54
    • Antworten

    Durch eine solche Prognose wird ein Szenario entstehen, die das Leben auf der gesamten Welt zum Siedeounkt bringt. Es werden weltweite Unruhen entstehen, weil die ärmeren Länder den Wettlauf ums Überleben hinterherhinken. Die Situation wird verschärft weil die Trinkwasserrecoucen zu Neige gehen. Keine Macht der Welt kann verhindern, daß sich Volk gegen Volk erhebt. Unser gesamtes Staatswesenwird in seinen Grundfesten erschüttert. Die Besitzenden verteidigen ihr Hab und Gut mit Waffengewalt, sodass eine Solidarität der breiten Massen mit revolutionären Plänen als der einzige Ausweg erscheint. Inwieweit sich die Polizei und die Berufsarmee auf die Seite der Massen schlägt, muß durch Aufklärung und Agitation in den Reihen der Bewaffneten Einheiten vorangetrieben werden. Die Nahrungsmittel werden knapp. Die Versorgung der Bevölkerung muß gesichert werden. Das Bankenwesen und die Gerichtsbarkeit werden zusammenbrechen, bzw. infolge der chaotischen Zustände nicht mehr Herr der Lage sein.
    Das Gesundheitswesen wird, wie schon heute, vollkommen unfähig sein, die Masse der Patienten zu versorgen. (Dehydrierung, Kreislaufversagen, Hitzschlag usw.)
    Aufgrund des fehlenden Kühlwasser können AKWs Supergaus erleiden..
    Das ist nur ein winziger Auszug von Szenarien, die sich so oder in ähnlicher Form zutrauen könnten.
    Die Aussagen von „Fachleuten“ und Klimaforschern können sich als eine gewaltige Fehleinschätzung darstellen..

    1. Fehleinschätzung, weil zu wenig hart? Weil sie sich zu wenig mit den sozialen, politischen und ökonomischen Folgen beschäftigen? Letztlich wahrscheinlich nicht wirklich relevante, weil – wie du richtig schreibst – nur eine solidarische internationalistische Lösung = Überwindung des Kapitalismus das Schlimmste noch verhindern kann.

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