Covid-19 und die Regierung des Kapitals

Offensichtlich ist die Bundesregierung derzeit so planlos, dass sie sogar eine Pressekonferenz zur Ankündigung einer Pressekonferenz macht. Das erinnert mich an ein beliebtes Lied aus meiner Jugend von Reinhard May namens „Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“. Eine Realität, die viele, die von den großspurig angekündigten Maßnahmen abhängig sind, nur allzu gut kennen. Gerade erst ist bekannt geworden, dass von den großspurig angekündigten zehn Milliarden für Fixkosten und Härtefallfonds noch nicht einmal eine Milliarde ausbezahlt wurde.

Neuinfektionen prot Tag im Oktober 2020Heute traten dann Bischof Karl, Priester Rudolf, Messdiener Werner und Ministrant Sebastian dann doch vor die Medien, um anzukündigen, womit mehr oder weniger ohnehin jedeR gerechnet hatte. Die Maßnahmen sind bekannt und müssen hier nicht wiedergegeben werden. Hier geht es um eine Analyse der Hintergründe der konkreten Maßnahmen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zu spät, zu wenig, zu weich

Tatsächlich wird an den Maßnahmen der Regierung derzeit nämlich nur eines offensichtlich: Diese versagt in der Gesundheitspolitik kläglich. Falls das, was diese macht, überhaupt Gesundheitspolitik genannt werden kann, da es beim Großteil ihrer Maßnahmen eigentlich nur um die Sicherung des Profits ihrer GroßspenderInnen geht. Es ist eine Politik, die den Interessen des Kapitals vollkommen untergeordnet ist.

Seit Beginn des Sommers hat die Regierung nichts getan, obwohl für jeden denkenden Menschen offensichtlich war, dass die Pandemie im Herbst mit noch größerer Wucht zuschlagen muss. Ebenso offensichtlich war, dass das Gesundheitssystem in Anbetracht einer zweiten Welle an seine Grenzen kommen wird. Trotzdem verstrichen die Sommermonate, ohne dass die Regierung den Personalnotstand im Gesundheitswesen angegangen wäre.

In diesen Monaten hätten teilzeitbeschäftigte KollegInnen, die gerne mehr arbeiten würden, aufgestockt werden können. KollegInnen, die nicht mehr in ihrem Beruf tätig sind, hätten zurückgewonnen werden können, wenn die Arbeitsbedingungen durch eine Verkürzung der Arbeitszeit und menschenwürdige Löhne verbessert worden wären. Doch dazu hätte es Geld gebraucht. Geld, das die Regierung lieber dem Großkapital nachträgt, statt die Superreichen zu besteuern, wie es gerade etwa die spanische Regierung tut.

Das aktuell offensichtlich werdende Fiasko bei der Testung von Verdachtsfällen und die vollkommen unzureichenden Kapazitäten beim Contact Tracing tun ihr weiteres dazu, dass die Pandemie nun schlimmer ausfallen wird, als es sein müsste. Auch diese Probleme hätten gelöst werden können, wenn rechtzeitig Personal dafür gesucht worden wäre. Doch auch das hätte Geld gekostet, das die Regierung lieber denen nachwirft, die derzeit tausende Arbeitsplätze und Existenzen vernichten.

Tatsächlich – und das muss einmal so klar gesagt werden – kommen von den Abermilliarden, welche die Regierung angeblich zur Bewältigung der Folgen der Pandemie ausgibt maximal 10% bei den arbeitenden Menschen an. Der Großteil fließt in die Taschen der Superreichen, die selbst während der Pandemie noch reicher werden. Gerade erst hat eine Studie festgestellt, dass sich die Vermögen der MilliardärInnen seit Beginn der Gesundheitskrise im Durchschnitt verdoppelt haben. Auf Kosten unserer Gesundheit werden sie noch reicher.

Wirtschaftskrise + Pandemie

Angeblich auch deswegen, weil alle volkswirtschaftlichen Zahlen mittlerweile bestätigen, dass die Wirtschaftskrise bereits Monate vor der Pandemie begonnen hat. Nun nutzen die Regierungen in allen Ländern diese, um zu verheimlichen, dass es sich um eine Krise des kapitalistischen Systems handelt, um ihre Maßnahmen zu rechtfertigen. Das „Koste es, was es wolle“ gilt nur für die Konzerne, nicht aber für unsere Gesundheit!

Selbstverständlich soll hier nicht negiert werden, dass die Pandemie die Wirtschaftskrise zusätzlich vertieft. Doch diese wäre auch ohne COVID-19 eine der tiefsten Rezessionen seit langem geworden, da die Ursachen der Krise von 2008ff bisher nicht behoben wurden. Weltweit gibt es nach wie vor massive Überkapazitäten in der Produktion. Sowohl damals als auch heute handelt es sich um eine klassische kapitalistische Überproduktionskrise.

Überproduktion nicht im Sinne der Menschen, da es nach wie vor Milliarden gibt, die unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen und viele Alltagsprodukte sehr gut brauchen könnten. Überproduktion schlicht und einfach im Sinn von Produkten, die nicht profitabel genug abgesetzt werden können. Ob Menschen dabei das bekommen, was sie für ein abgesichertes und würdevolles Leben benötigen, zählt aus Perspektive des Kapitals nicht.

Ablenkungsmanöver

Gleichzeitig beschäftigen sich PolitikerInnen aller Länder nach wie vor damit, uns mit Rassismus von den wahren Problemen und ihren Ursachen abzulenken. Während Nehammer einen angeblichen Sozialdemokraten aus Dänemark findet, der die rassistische Politik Österreichs Flüchtlingen gegenüber unterstützt, hetzt Macron gegen MuslimInnen und nimmt dafür einen schrecklichen Mord zum Ausgangspunkt, während er verschweigt, dass der Täter bei einem zweiten Attentat am gleichen Tag die Symbole der französischen Identitären trug. Gleichzeit dichten die moralisch verkommenen bürgerlichen Medien den Seetod von Flüchtlingen infolge des barbarischen EU-Grenzregimes zu „Schiffsunglücken“ um.

Die Damen und Herren in der Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, Agenda Austria, Eco Austria und wie sie alle heißen mögen, klopfen sich vor Lachen auf die Schenkel. Denn die Milliarden, die der „nationale Schulterschluss“ und das „Team Österreich“ locker machen, landen schnell auf ihren Konten, während das kleine Beisl an unserer Ecke nicht einmal mehr weiß, wie es die Stromrechnung bezahlen soll. Tatsächlich wird dessen Inhaber genauso wie wir Lohnabhängigen am Ende des Tages die Rechnung begleichen müssen, wenn wir nicht jetzt den Kampf dafür beginnen, dass dieses Mal das Kapital selbst die Kosten seiner Krise bezahlen muss. Wie gut die 80% Umsatzersatz berechnet auf Basis des November 2019 funktionieren werden, zeigt sich an den weiter oben genannten Zahlen zum Fixkostenzuschuss.

Exponentielle Steigerung und verwässerte Maßnahmen

Wenn es in Anbetracht der zweiten Welle, die innerhalb nur eines Monats dazu geführt hat, dass erstmals die Marke von 1.000, 2.000, 3.000, 4.000 und jetzt sogar 5.000 Infizierten pro Tag sowie insgesamt mehr als 1.000 Toten in Österreich überschritten wurde, noch immer keinen echten Lockdown gibt, liegt das einzig daran, dass Kurz&Co Politik einzig im Sinn der Konzerne und ihrer Profite machen. Für diese müssen die Arbeitenden ihre Gesundheit weiterhin am Arbeitsplatz zu Markte tragen! Und das solange bis auch das noch relativ gut mit Intensivbetten ausgestattete Gesundheitssystem in Österreich voraussichtlich bald überfordert sein wird.

Die Regierung des Kapitals ist bis heute nicht bereit, einfachste Maßnahmen umzusetzen, die viel bringen würden, wir z.B. verpflichtende Telearbeit, wo diese möglich ist. Die Bosse können weiterhin selbst entscheiden, ob sie unsere Gesundheit am Arbeitsplatz riskieren, weil für sie andere Kriterien mehr zählen. Dass die Regierung Kindergärten und Schulen nicht schließt, hat einen einzigen Grund – die Eltern müssen weiterhin in die Arbeit gehen können. Die sogenannten Sicherheitsmaßnahmen in Kindergärten, Schulen und Unis sind genauso lächerlich wie jene am Arbeitsplatz, da alle Voraussetzungen von ausreichend Personal über zusätzlichen Räume bis hin zu Schutzausrüstung dafür fehlen.

Folgen

Wir arbeitenden Menschen werden also großteils (mit den wenigen Ausnahmen in der Kultur und der Freizeitindustrie) weiterhin einem Virus ausgesetzt sein, das sich immer schneller und schneller ausbreitet, während gleichzeitig viele EPUs und KMUs vor der Pleite stehen, da sie im Gegensatz zu den Konzernen oft seit Monaten auf die zugesagten Finanzhilfen warten. Da die österreichische Wirtschaft relativ wenige Großunternehmen aufweist, wird die in diesem Bereich auf uns zukommende Welle von Firmenschließungen massive soziale Folgen haben. Massenarmut wird die Folge sein.

Und das in einem Land, in dem schon vor der Krise ein Sechstel der Bevölkerung arm war. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass mittlerweile bereits ein Viertel der Bevölkerung von Armut betroffen ist. Dazu kommen massive psychische und gesellschaftliche Auswirkungen, da wir als soziale Wesen auf eine Situation der langandauernden sozialen Isolation weder vorbereitet noch dazu im Stande sind, mit dieser umzugehen.

Die Lösung für die massive Krise des Systems, in dem wir leben, liegt nicht in der Sozialpartnerschaft oder einem sozialen Schulterschluss, sondern darin, dass wir arbeitenden Menschen, die Kontrolle über unser Leben selbst übernehmen. Es ist hoch an der Zeit, dass wir gegen die Konzerne und ihre Regierung in die Offensive gehen. Alle Organisationen der ArbeiterInnenbewegung von den Gewerkschaften bis zur SPÖ müssen jetzt gemeinsam für die Interessen der arbeitenden Menschen auf die Barrikaden steigen.

Unsere Antwort

Eine zentrale Forderung dabei muss es sein, dass die Belegschaften selbst in ihren Betrieben entscheiden, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind oder ob die jeweilige Arbeit keinen Schutz der Gesundheit vor dem Virus zulässt, sodass der Betrieb solange schließt, bis die Pandemie besiegt ist. In diesem Zusammenhang müssen es auch die Belegschaften sein, die demokratisch entscheiden, wie viele KollegInnen wann was arbeiten, wie lange unter welchen Bedingungen gearbeitet wird, aber auch die Bedingungen für Telearbeit festlegen. Selbstverständlich müssen alle KollegInnen trotzdem weiterhin die gleichen Löhne bekommen. Mit einem Wort: Nur die Kontrolle von uns Beschäftigten selbst über unsere Arbeit kann unsere Gesundheit schützen und einen Ausweg aus der Krise weisen.

Ebenso müssen die Belegschaften selbst kontrollieren, ob die von das von der Regierung angekündigte Verbot der Kündigung bei Bezug es Umsatzersatzes eingehalten wird. Ohne die Praxis genau voraussagen zu können, traue ich mich zu wetten, dass die Unternehmen, zahlreiche Schlupflöcher finden werden, um dieses Verbot zu umgehen. Schließlich gibt es jetzt schon zahlreiche Bestimmungen im Arbeitsrecht, die jeden Tag vielfach gebrochen werden.

Dafür erwarten wir uns heute Unterstützung von unseren Gewerkschaften. Nicht sinnlose Gespräche mit dem Kapital oder seiner Regierung, die ohnehin zu keinem Ergebnis in unserem Sinne führen können. Gleichzeitig würde die Kontrolle der Arbeitenden über ihre Betriebe dazu führen, dass sie genau wissen, wie es finanziell wirklich um diese steht. Auf dieser Basis kann die Massenvernichtung von Arbeitsplätzen und Existenzen bei MAN, ATB, MayrMelnhof, Doppelmayr, EMCO usw. verhindert werden, indem die KollegInnen kollektiv Ideen für die Zukunft ihrer Werke erarbeiten. In den meisten Fällen wird das mit einem Kampf für die Verstaatlichung der betroffenen Betriebe verbunden werden müssen.

Ganz besonders gilt das für Krankenanstalten und den Gesundheitsbereich. Unsere Gesundheit (oder Krankheit) darf nicht zur Quelle von Profiten werden. Das gesamte Gesundheitswesen inklusive der Pharmaindustrie muss von der öffentlichen Hand unter Kontrolle der Beschäftigten, der Sozialversicherten und der LeistungsnutzerInnen gesteuert werden.

Systemfrage stellen

Das ist auch der Weg, wie wir die Vielfachkrise aus Rezession, Pandemie, sozialer und psychischer Krise, Klimakrise und Massenverarmung lösen können. Wir müssen klar und eindeutig sagen, was ist. Dieses System ist nicht für die Menschen. Es dient einzig dem Profit. Werfen wir die Illusion über Bord, dass es im Kapitalismus eine menschenwürdige Zukunft für die Vielen geben kann. Wenn wir die Menschheit vor der drohenden Katastrophe retten wollen, ist es hoch an der Zeit, dass wir den Kapitalismus dorthin verbannen, wohin er längst gehört: In die Geschichtsbücher!

Denn eines hat die COVID-19-Pandemie mehr als deutlich bewiesen: Dieses System ist vollkommen unfähig dazu, unsere Gesundheit zu sichern. Wie soll es dann erst die Massenarmut auf der Welt besiegen oder gar die drohende Klimakatastrophe verhindern können?

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